Schauwerk.

Transfer.Stadtraumforschung

Poetik der Stadt Poetik der Stadt

Zeitraum SoSe 2021

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Im Rahmen dieses Kooperationsprojektes zwischen dem schauwerk und der Stadt Magdeburg standen der Stadtraum, seine verborgenen Potenziale sowie die damit verbundene Frage im Mittelpunkt, wie der urbane Raum über gezielte Interventionen sinnlich und sinnhaft aufgewertet werden kann. In prototypischen Umsetzungen sollten Strategien, Konzepte und Entwürfe für eine zukünftig revitalisierte Innenstadt entstehen, die dazu beitragen, die Interaktion zwischen und mit den Stadtbewohner*innen anzuregen und zu unterstützen. Alle Projektergebnisse eint ihr künstlerischer Gestus und ihr assoziatives Spiel mit den Bedeutungen konkreter Gegenstände und kultureller Praktiken im öffentlichen Raum. Über unkonventionelle Verbindungen und gestalterische Verschiebungen wurde dazu eingeladen, die Stadt in ihrer poetischen Kraft zu erleben und dabei ein Bewusstsein für die unausgeschöpften Möglichkeiten vor Ort zu erspüren, die mithilfe eines kreativen Umgangs realisierbar sein können.

1 strEATzone
2 Gardletten im Stadtpark
3 Typewriter auf Reisen

streEATzone

von Sergio Paul Delgadillo Baumeister
Format PopUp-Stadtmobiliar

Gewählt wurde ein Ort in der Stadt, der Raum für verschiedene Handlungsszenarien bietet: die Umgebung des Allee-Centers. Nach genauer Beobachtung der dortigen Gegebenheiten fiel auf, dass es vor Ort keine geeigneten Räume mit hoher Aufenthalts- und Verweilqualität gibt.

Basierend auf dem PopUp-Prinzip war zur Kompensation dieses Umstandes vorgesehen, durch gezielte Eingriffe in Form von eigens gestalteten Elementen, die einen poetischen Dialog mit der Umgebung eingehen sollten, die räumlichen Qualitäten spürbar zu verändern. Die eingesetzten PopUp-Objekte erweitern mittels parasitärer Prinzipien bestehende Strukturen und verändern die Wahrnehmung des Ortes, indem sie überraschende Handlungsräume eröffnen. Andererseits ermöglichen sie den dort befindlichen Menschen neue poetische Momente, um mit Bekannten und Unbekannten im öffentlichen Raum etwas zu essen, zu trinken oder einfach nur zu sein. So dient beispielsweise ein Gitter am Boden als Ansteckelement für Tische und Stühle. Sie können damit jederzeit anders angeordnet werden. Verschiedene Kombinationen sind möglich, die je nach Personenanzahl oder Zweck verändert werden können. Ein Laternensockel vor Ort fungiert als Stütze für einen runden Tisch. Dadurch wird der Tisch zu einer Art Parasit, der den Körper bzw. die Form der Laterne nutzt. Durch die funktionale Einbindung der PopUp-Elemente in die Umgebung treten diese und die anwesenden Menschen in einen neuen kreativen Dialog mit dem Ort. Der urbane Raum kann so zum Ausdrucksmedium von sinn(en)haften Momenten werden. Und da in der Innenstadt von Magdeburg viele vergleichbare Bodengitter und Laternensockel vorhanden sind, ist dieses poetische Zusammenspiel der Objekte an sehr vielen Stellen möglich.

Gardeletten

von Siwen Tian
Format serviceorientiertes Produktdesign

Öffentliche Toiletten haben häufig einen schlechten Ruf: Sie riechen nicht gut, sind unhygienisch und oftmals schmutzige, unansehnliche Orte, an denen sich die Menschen nicht lange aufhalten möchten.

Das Projekt „Gardeletten“ soll hier Abhilfe schaffen und geht zu diesem Zweck einen poetischen Dialog zwischen Mensch, Stadt und Natur ein. Entwickelt wurde ein nachhaltiges Kreislaufsystem in Form einer Komposttoilette für zum Beispiel Parkanlagen, um die Bedürfnisse von Mensch, Stadt und Natur in einen aufeinander abgestimmten Zusammenhang zu bringen. Die Toilette kann autark an entlegenen Orten ohne Medienanschlüsse betrieben werden. Sie ist nicht einfach eine normale Komposttoilette, wie es diese schon mehrfach gibt. Vielmehr soll der Entwurf das dialogische und poetische Momentum zwischen Mensch und Natur fördern und nachhaltig den Stadt- und Parkraum bereichern. Aus diesem Grund wird der Prozess nach der Beendigung des Geschäftes nicht ausgeblendet, sondern als Kreislauf weitergedacht. Die Hinterlassenschaften werden in der Anlage selber kompostiert und damit vor Ort von den Pflanzen an und in der Toilette wieder aufgenommen. Auf diese Weise tragen sie zur Entstehung von schönen Blumen und schmackhaftem Obst bei.

Komposttoiletten unterscheiden sich von herkömmlichen Toiletten dadurch, dass nicht mit Wasser gespült werden muss, sondern nach jedem Toilettengang Füllstoffe wie Holzspäne oder Sägemehl zugegeben werden. Exkremente fallen in den Kompostbehälter, der Urin fließt durch Filtration in Sickergruben. An diesen Orten kann die Natur ihres Amtes walten, den Abfall verwerten und in kostbaren Nährstoff verwandeln. Dieser Nährstoff ist wiederum eine Nahrungsquelle für eine Fülle an Pflanzen rund um die Komposttoilette, die den Ort im Laufe der Zeit um Duft, prächtige Farbenspiele und schönes Obst bereichern. Das Projekt „Gardeletten“ deutet damit den Abfall und seine Beseitigung um. Anstatt ihn als etwas Negatives, Schmutziges und Auszugrenzendes zu definieren, wird er positiv besetzt und das verborgene, in ihm wohnende Potenzial herausgearbeitet. Das Entledigen gewinnt so eine bereichernde Kraft, denn je mehr Menschen die Toilette benutzen, umso prächtiger und duftender wird der Ort.

Typewriter

von Valerius Weyer
Format partizipatorisches Design

Das Projekt beschäftigt sich mit den Fußgängerzonen in der Innenstadt Magdeburgs und soll die Interaktion, Kommunikation und den kreativen Austausch zwischen den Menschen vor Ort fördern. Inspiriert wurde dieses Projekt durch das im Surrealismus von Andr. Breton entwickelte Spiel „Cadavre Exquis“ (deutsch: vorzügliche oder köstliche Leiche). Abwechselnd werden hier Bilder, Sätze oder Fragmente nacheinander gereiht, ohne den jeweiligen Zusammenhang zu kennen. Im Rückblick auf den Prozess entspinnt sich eine völlig neue, unbeabsichtigte Geschichte, gewoben aus den einzelnen Fragmenten, die vielfältige poetische Interpretationsräume eröffnet und einen Hort für Neues und Unerwartetes bietet, was die Phantasie der Betrachtenden auf vielen Ebenen ansprechen kann.

Diese spielerische Idee aufgreifend, wurde über eine erweiterte Schreibmaschine mit analogen Mitteln eine Maschinerie entwickelt, welche während der Eingabe den Kontext verschleiert und ihn erst im Nachhinein sichtbar werden lässt. Vom schauwerk aus ging die Maschine auf Reise und forderte die Menschen in Magdeburgs Innenstadt auf, gemeinsam auf einer langen Rolle Papier eine Geschichte zu schreiben. Was hier zusammengetragen wurde, lag in der Hand der Menschen selbst. Ein jeder konnte schreiben, was er der Öffentlichkeit anonym mitteilen wollte. Das Projekt thematisiert somit ebenfalls die digitale Kulturtechnik des „Postens“ und überträgt diese mit analogen Mitteln in den realen Stadtraum. Auf diese Weise wird sie auch für jene verfügbar, die sonst nicht an den digitalen Kommunikationsräumen teilnehmen (können).

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